DAS BAG stärkt den Kündigungsschutz von Arbeitnehmerinnen in der Schwangerschaft

Kennen Sie ihr Rechte als schwangere Beschäftigte?
Von Allwörden Rechtsanwälte klärt auf:
Muss ich meinem Arbeitgeber unverzüglich mitteilen, dass ich schwanger bin? Welche Konsequenzen hat eine solche Mitteilung? Kann ich während der Schwangerschaft gekündigt werden? Diese und viele weitere Fragen stellen sich viele werdenden Mütter zu Beginn ihrer Schwangerschaft in Anstellung. Wir geben Ihnen einen Überblick über Ihre Rechte als schwangere Arbeitnehmerin und beleuchten im Rahmen dessen ein aktuelles BAG Urteil (3.4.2025 - 2 AZR 156/24) zum Thema Kündigungsschutz bei bestehender Schwangerschaft im Anstellungsverhältnis.
Frühzeitige Mitteilung der Schwangerschaft gegenüber dem Arbeitgeber sinnvoll
Grundsätzlich ist es ihre persönliche Entscheidung, wann Sie ihren Arbeitgeber über Ihre Schwangerschaft informieren. Es kann aus arbeitsrechtlicher Sicht durchaus sinnvoll sein, diese wichtige Information frühzeitig zu teilen. Denn nur wenn der Arbeitgeber weiß, dass eine Schwangerschaft besteht, kann er die besonderen Schutzvorschriften, die von da an gelten, auch einhalten.
Welche Schutzvorschriften gelten für Schwangere am Arbeitsplatz?
Das Mutterschutzgesetz (MuSchG)
enthält zum Schutz werdenden Mutter in Anstellung zentrale Vorschriften, die auf die besondere Lebenssituation zugeschnitten sind und dem Arbeitgeber weitreichende Schutzpflichten für Mutter und ihr Kind auferlegt. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die Arbeitsbedingungen den Bedürfnissen der Arbeitnehmerin während ihrer Schwangerschaft, in der Zeit nach der Geburt und der Stillzeit gerecht werden und die sie keiner Gefährdung ausgesetzt ist.
Das MuSchG, das für Unternehmen jedweder Größe gilt, enthält folgende zentrale Regelungen zum Schutz werdender Mütter:
- § 3 – § 8 MuSchG: Arbeitszeitlicher Gesundheitsschutz: Für schwangere Mitarbeiterinnen gelten besondere Reglungen hinsichtlich der Arbeitszeit
- § 9 – § 15 MuSchG: Betrieblicher Gesundheitsschutz: Die §§ 9 – 15 enthalten Regelungen zu unzulässigen Tätigkeiten und Arbeitsbedingungen während der Schwangerschaft
- § 16 MuSchG: Ärztlicher Gesundheitsschutz: Bei dem ärztlichen Gesundheitsschutz geht es um das ärztlich erteilte Beschäftigungsverbot, das dem Arbeitgeber verbietet, die Schwangere zu beschäftigen
- § 17 MuSchG: Besonderen Kündigungsschutz: Der § 17 erklärt, wann die Kündigung einer Schwangeren unzulässig ist.
Besonderer Kündigungsschutz schwangerer Arbeitnehmerinnen:
Urteil des BAG vom 3.4.2025 – 2 AZR 156/24
Nach § 17 Absatz 1 Satz 1 MuSchG ist die Kündigung einer Frau während der Schwangerschaft sowie bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung unzulässig, wenn dem Arbeitgeber die Schwangerschaft zum Zeitpunkt der Kündigung bekannt war oder innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird. Dies gilt auch bei einer Fehlgeburt nach der 12. Schwangerschaftswoche. Die Vorschrift verfolgt das Ziel, die Gesundheit der Mutter und des Kindes sowie ihr Einkommen während dieser besonders schutzwürdigen Lebensphase zu sichern.
Das BAG hat in seinem Urteil nochmal klargestellt, wie weitreichend der Kündigungsschutz von Frauen während der Schwangerschaft ist:
Sachverhalt: Kündigung in Unkenntnis über bestehende Schwangerschaft
In dem dem Urteil zugrundeliegenden Fall wurde eine Arbeitnehmerin von Ihrem Arbeitgeber ordentlich gekündigt und wusste zum Zeitpunkt der Kündigung noch nicht, dass sie schwanger war. Nach Ablauf von ca. zwei Wochen machte sie zu Hause einen Schwangerschaftstest, der positiv ausfiel. Die ärztliche Feststellung der bestehenden Schwangerschaft erfolgte erst nach etwa weiteren 4 Wochen, weil sie unverschuldet keinen früheren Termin bekommen konnte. Der Gynäkologe bestätigte die Schwangerschaft. Zu dem Zeitpunkt war die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage bereits verstrichen. § 4 S. 1 KschG sieht nämlich eine Klageerhebungsfrist von 3 Wochen ab Zugang der Kündigung vor.
Mittels Kündigungsschutzklage wehrte sie sich dennoch gegen die Kündigung des Arbeitgebers und beantrage im Rahmen dessen die nachträgliche Zulassung der Klage gem. § 5 Abs. 1 Satz 2 KSchG.
Die Entscheidung: Zeitpunkt der ärztlichen Feststellung der Schwangerschaft maßgeblich
Der Arbeitgeber war der Ansicht, die Klage sei verfristet, weil die Arbeitnehmerin innerhalb der Klageerhebungsfrist von ihrer Schwangerschaft erfuhr, dann aber die Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage bewusst verstreichen ließ. Das BAG stellte sich nun wehement auf die Seite der Arbeitnehmerin und vertritt die Auffassung zugunsten der Schwangeren, dass der Zeitpunkt der ärztlichen Feststellung maßgeblich sei, mit der Folge, dass die Klage nicht zu spät eingereicht wurde.
Das BAG führt dazu aus: Die Kündigung des Arbeitgebers habe gegen § 17 MuSchG verstoßen. Zwar wurde die Klagefrist objektiv überschritten, dennoch sei die nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage gerechtfertigt, da die Arbeitnehmerin erst mit der ärztlichen Feststellung die erforderliche Kenntnis von ihrer Schwangerschaft erlangte. Sie musste nicht auf den durch sie selbst durchgeführten Schwangerschaftstest vertrauen, sondern durfte die ärztliche Untersuchung zur Feststellung der Schwangerschaft abwarten. Das Urteil des BAG hat für die arbeitsrechtliche Praxis eine bedeutende Relevanz für Arbeitnehmerinnen und Arbeitgeber.
Urteil des BAG: Bedeutende Relevanz für die arbeitsrechtliche Praxis:
Bei nachträglich bekannt gewordener Schwangerschaft beginnt die Klagefrist erst mit der ärztlichen Bestätigung zu laufen. Muss eine Arbeitnehmerin nachvollziehbar auf einen Arzttermin warten, kann ihr die Fristversäumung nicht angelastet werden. Das Mutterschutzgesetz bietet auch in solchen Fällen wirksamen Schutz.
Die hier veröffentlichten Inhalte dienen ausschließlich der allgemeinen Information und ersetzen keine individuelle Rechtsberatung. Sie behandeln allgemeine rechtliche Themen und gehen nicht auf spezifische Einzelfälle ein. Für eine persönliche rechtliche Beratung stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.