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Insolvenz des Arbeitgebers:  Was tun bei Kündigung, Lohnrückständen und Co.

Geschrieben von Benjamin von Allwörden | 06.06.25 08:37

Meldet der Arbeitgeber Insolvenz an, bedeutet dies die Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens. Der Arbeitgeber ist nicht mehr in der Lage, allen Mitarbeitern ihre Löhne und Gehälter auszuzahlen und Schulden zu begleichen. Zwar sind die Lohnforderungen von Arbeitnehmern vorrangig gegenüber anderen Gläubigern des Unternehmens zu behandeln. Wenn jedoch kein Geld mehr vorhanden ist, bringt dem Arbeitgeber diese Priorisierung nichts. Die Insolvenz wirft für die betroffenen Angestellten etliche Fragen auf, die sich der Bedrohung ihrer Existenz ausgesetzt sehen. Im Folgenden wollen wir die wesentlichen Unklarheiten ausräumen und erläutern, wie Sie diese unsichere Zeit durchstehen können und ihren Lebensunterhalt sichern.

 

Bedeutet Insolvenz automatisch die Kündigung?


Nein, keinesfalls. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht nicht direkt die Kündigung einher. Zunächst gelten alle Rechte und Pflichten des bisherigen Arbeitsverhältnisses gleichermaßen fort. Das bedeutet, dass die Beschäftigten weiterhin zur Erbringung der vertraglich geschulten Arbeitsleitung verpflichtet sind und ihr Arbeitgeber Ihnen auch weiterhin das Gehalt zahlen muss.

Auch der Insolvenzverwalter, der ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestellt wird und damit an die Stelle des Arbeitgebers tritt, braucht zur Kündigung einen gewichtigen Kündigungsgrund. Auch während der Insolvenz kann nur aus verhaltens-, personen- oder betriebsbedingten Gründen gekündigt werden. Wie der Arbeitgeber zuvor, muss auch der Insolvenzverwalter dabei den Kündigungsschutz, insbesondere den besonderen Kündigungsschutz gegenüber besonders schutzbedürftigen Personengruppen wahren. Die Insolvenz selbst stellt noch keinen Kündigungsgrund dar. Oftmals erfordert die Insolvenz allerdings die Einstellung des Betriebes, weshalb sich der Insolvenzeröffnung regelmäßig Kündigungen aus betriebsbedingten Gründen anschließen.

Hier erfahren Sie mehr über die betriebsbedingte Kündigung.

Ein etwaig in Betracht kommender Betriebsübergang an einen Unternehmenserwerber könnte als Alternative zur Betriebsschließung dazu führen, dass Arbeitsverhältnisse fortbestehen.

 

Wie wehre ich mich gegen eine Kündigung während der Insolvenz?


Der Insolvenzverwalter kann ein jedes Arbeitsverhältnis während einer laufenden Insolvenz mit einer verkürzten Kündigungsfrist von 3 Kalendermonaten zum Monatsende beenden. Sofern ein Betriebsrat besteht, ist dieser jedoch auch während der laufenden Insolvenz vor jeder Kündigung unter Mitteilung der Kündigungsgründe anzuhören. Gegen eine Kündigung können sie sich nur innerhalb von 3 Wochen mittels einer Kündigungsschutzklage wehren. Nach Ablauf dieser Frist gilt eine ansonsten rechtswidrige Kündigung von Gesetzes wegen als wirksam und kann nicht mehr angefochten werden. Melden Sie sich also unbedingt unmittelbar nach Erhalt Ihrer Kündigung bei uns, damit wir die Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage für Sie prüfen können und Ihre Rechte fristwahrend geltend machen. In vielen Fällen lohnt sich die Kündigungsschutzklage gegen eine Kündigung des Insolvenzverwalters.

 

Hilfe, mein Arbeitgeber zahlt keinen Lohn mehr


Offene Gehaltszahlungen vor Insolvenzbeginn kann und muss der Arbeitgeber aufgrund seiner Zahlungsunfähigkeit nicht mehr begleichen. Lohn- und Gehaltsrückstände für den Zeitraum bis 3 Monate vor Insolvenzbeginn, denen der Arbeitgeber nicht mehr nachkommen kann, werden durch die Agentur für Arbeit in Form von Insolvenzausfallgeld rückwirkend ausgeglichen. Diese Leistung der Arbeitslosenversicherung soll dazu beitragen, den finanziellen Schaden für die Beschäftigten abzumildern. Sie können mit Ihrem vollständigen Nettogehalt rechnen. Allerdings nur, wenn Sie einen entsprechenden Antrag auf Gewährung von Insolvenzgeld innerhalb von 2 Monaten nach Insolvenzeröffnung bei der zuständigen Arbeitsagentur einreichen. Das Insolvenzausfallgeld wird häufig (aber nicht immer) durch ein Kreditinstitut vorfinanziert, um eine durchgängige Vergütungszahlung sicherzustellen.

Beachte: Offene Lohnforderungen, die länger als 3 Monate vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zurück liegen, werden nicht durch das Insolvenzgeld ausgeglichen. Der betroffene Arbeitnehmer muss dahingehend eine - oftmals wertlose- Insolvenzforderung beim Insolvenzverwalter zur Insolvenztabelle anmelden. Ist nach dem Abschluss des Insolvenzverfahrens noch Vermögen übrig, wird dies auf alle Insolvenzgläubiger anteilig verteilt.

 

Werde ich nach der Insolvenzeröffnung noch weiterbezahlt?


Im Zeitraum ab Insolvenzeröffnung bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses zahlt der Insolvenzverwalter Löhne und Gehälter als Masseverbindlichkeit aus, die vorangig beglichen werden müssen. Diese Lohnansprüche sind relativ sicher. Reicht die Insolvenzmasse nicht aus, um alle Masseverbindlichkeiten, die neben den Löhnen und Gehältern noch anfallen, wie beispielsweise Gerichtskosten, Insolvenzverwalterkosten etc., zu begleichen, werden die Lohnansprüche nur anteilig neben den anderen Gläubigeransprüchen erfüllt.

Haben Sie Fragen zu Ihrem speziellen Fall? Kontaktieren Sie uns gern.

 

Wer zahlt meine Krankenversicherung?


Auch während der Insolvenz ist der Arbeitgeber weiterhin verpflichtet, die Sozialversicherungsbeiträge abzuführen. Ist der dazu außerstande, übernimmt die Agentur für Arbeit die anfallenden Kosten. Fehlende Krankenkassenbeiträge wirken sich nicht zu Ihren Lasten aus, Ihr Versicherungsschutz bleibt weiterhin bestehen.

 

Muss mir der Insolvenzverwalter ein Arbeitszeugnis ausstellen?


Abhängig davon, wann das Arbeitsverhältnis endet, muss Ihnen entweder noch der Arbeitgeber oder schon der Insolvenzverwalter ein Arbeitszeugnis erstellen. Vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist noch der Arbeitgeber zuständig. Nach der Insolvenzeröffnung erstellt der Insolvenzverwalter Ihr Arbeitszeugnis.

Den Insolvenzverwalter trifft ab Insolvenzeröffnung ebenso die Pflicht zur Aushändigung bzw. elektronischen Bereitstellung der Lohnsteuerbescheinigung für den Arbeitnehmer.

 

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